Hoch oben im Wundergarten des Grazer Schlossbergs, wo sich das Rauschen der Bäume mit dem leisen Wispern der Stadt mischt, steht er still und unbeweglich – ein Hund aus Stein, der seit Jahrhunderten über die Hänge und Pfade wacht. Niemand weiß mehr genau, wann er hier seinen Platz fand, und niemand kann mit Sicherheit sagen, weshalb er geschaffen wurde. Doch seine wachsamen Augen, aus grob behauenem Fels, scheinen mehr gesehen zu haben, als jede Chronik zu berichten vermag.
Manche sagen, er sei ein Wächter – nicht aus Fleisch und Blut, sondern ein Hüter alter Geheimnisse. Vielleicht schützte er einst den Eingang zu einem verborgenen Tunnel oder einer Kammer, in der kostbare Schätze oder verbotene Schriften lagen. Andere glauben, er sei ein Teil eines steinernen Rätsels, erschaffen von den Meistern der mittelalterlichen Steinmetzzunft. Diese Künstler verstanden es, Symbole in ihre Werke zu meißeln, deren Bedeutung nur Eingeweihte lesen konnten. In diesem Licht wäre der Hund kein bloßes Tier, sondern ein verschlüsseltes Zeichen – vielleicht eine Warnung, vielleicht ein Versprechen.
Neben dem Hund ruhen seltsame Fabelwesen aus Stein. Manche tragen Flügel, andere besitzen Körper, die nicht ganz Tier und nicht ganz Mensch sind. Ihre Gesichter sind verzerrt, als hätten sie Geschichten zu erzählen, die längst in den Nebeln der Zeit versunken sind. Wer hier steht und die Figuren betrachtet, spürt, dass sie mehr sind als dekorative Kunstwerke. Sie wirken wie stumme Zeugen einer vergessenen Welt, in der Mythen und Wirklichkeit noch ineinanderflossen.
Der Wundergarten selbst ist ein Ort, der seinen Namen verdient. Zwischen den Büschen und alten Mauern liegt eine Atmosphäre, die den Besucher unweigerlich in eine andere Zeit versetzt. Der Blick des steinernen Hundes folgt einem, wohin man auch geht – so sehr, dass man sich fragt, ob es nicht doch ein Funken Leben in ihm gibt. Vielleicht, so flüstern die Legenden, wacht er nicht nur über den Garten, sondern über das Herz des Schlossbergs selbst. Und vielleicht wird er eines Tages, wenn die Zeit reif ist, sein Geheimnis preisgeben.
